An was denkst Du als Erstes, wenn Du an Deinen Freiwilligendienst denkst?
Lea R.: Wenn ich an mein FSJ denke, denke ich erstmal an Herausforderungen. Das Jahr war auch harte Arbeit und ich hatte viele Aufgaben. Aber die Aufgaben waren wirklich vielfältig und ich habe mich zum ersten Mal mit Dingen beschäftigt, die ich davor gar nicht kannte. Ich habe neue Gedanken gefasst, die ich zuvor nie gedacht hätte.
Auf meiner Einsatzstelle hatte ich beispielsweise mit Gleichaltrigen zu tun, die sich mit ganz anderen Dingen beschäftigt haben als ich und denen ganz andere Dinge wichtig waren als mir. Da waren Menschen, die im jungen Alter die Schule abgebrochen haben und jetzt versuchen einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Mein Anleiter hat mir in dieser Situation ganz neue Denkanstöße gegeben und mir die Hintergründe dieser Entscheidungen erläutert. Ich konnte anschließend verstehen, warum junge Menschen solch drastische Schritte wählen und schon früh die Schule abbrechen. Auch habe ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Gleichberechtigung und Sprache auseinandergesetzt. Mir ist bewusstgeworden, wie wichtig mir gendern – also eine geschlechterneutrale Sprache – in der Mädchenarbeit ist. All das sind Themen, denen ich zuvor in der Schule nie begegnet bin und mit denen ich mich nicht auseinandergesetzt habe.
Welche Begegnung hat Dich besonders beeindruckt und warum?
Lea R.: Die Seminare sind wirklich immer cool gewesen, denn ich habe viele Leute kennengelernt, die ich mochte und noch immer mag. Aber zuerst fällt mir die Begegnung mit einer Mitarbeiterin in der Einsatzstelle ein. Sie hatte ihre ganz eigene Art, die mich auch manchmal angestrengt hat, aber dafür war sie auch wahnsinnig kreativ in der Arbeit mit den Jugendlichen und sie war wirklich immer für mich da und das obwohl sie nicht meine Anleiterin war. Beeindruckend fand ich vor allem ihre vielen Ideen. Ob es darum ging das Café des Jugendzentrums schöner zu gestalten, ein Beet im Garten anzulegen, Lampen selbst zu basteln oder Workshops für die Jugendlichen anzubieten. Sie hat wirklich immer coole Ideen aus dem Hut gezaubert!
Was hast Du über Dich gelernt, während Deines Freiwilligendienstes?
Lea R.: Auf der einen Seite habe ich gelernt meine Bedürfnisse zu kommunizieren. Vielleicht habe ich vorher manchmal mein Befinden und meine Meinung für mich behalten und einfach mit den Folgen gelebt. Aber in der Zusammenarbeit mit meinem Vorgesetzten ist mir bewusstgeworden, dass es wichtig ist auch klar zu sagen: „Das wird mir jetzt zu viel. Das schaffe ich nicht mehr. Da müssen wir eine Lösung finden.“ Das fiel mir zuvor sehr schwer. Und das war nicht nur in der Zusammenarbeit mit meinem Vorgesetzten wichtig, sondern auch mit den Jugendlichen, einfach klare Grenzen zu ziehen. Auf der anderen Seite habe ich Akzeptanz gelernt. Manche Dinge musste ich einfach hinnehmen, so wie sie waren und manche Aufgaben musste ich einfach erledigen, weil sie erledigt werden müssen. Dazu gehörte das Aufsammeln und Rausbringen des Mülls oder aber das Aufsammeln von tausenden Äpfeln im Herbst.
Was war das Schönste an Deinem Freiwilligendienst?
Lea R.: Das Schönste für mich waren definitiv die Seminare. Jedes Seminar hat mir super viel Spaß gemacht. Vielleicht war das Einführungsseminar noch ein bisschen schwieriger, weil man sich erstmal noch kennenlernen musste und in die Seminare `reinfinden musste, aber ab dem zweiten Seminar kannte ich dann immer schon Leute. Und die Themen und die Dinge, die wir bearbeitet haben, waren nie langweilig. Wir hatten wirklich viel Auswahl an Themen. Wobei das absolute Highlight das Erlebnis-Pädagogik-Seminar war, wo wir vier Tage Kanu gefahren sind: Das war ziemlich geil!
Und noch ein Highlight fällt mir ein! In meiner Einsatzstelle wird ein alljährlicher Tanzwettbewerb veranstaltet, der inzwischen richtig groß geworden ist, mit internationalen Juroren und verschiedensten Teilnehmern. Mein Chef hat mir dann ganz viel Verantwortung übertragen. Ich habe Verträge aufgesetzt, Öffentlichkeitsarbeit gemacht, Veranstaltungsorganisation übernommen. Der Tanzwettbewerb war dann auch mein absolutes Highlight, weil da mein Herzblut dringesteckt hat. Mein Chef hat mir da wirklich viele Freiheiten gelassen und das war der Hammer!
Welchen Einfluss hatte der Freiwilligendienst auf Deine Zukunftspläne?
Lea R.: Ursprünglich wollte ich keinen Freiwilligendienst machen. Aber ich habe das zufällig mitbekommen, als ich privat im Jugendzentrum war, dass die eine Freiwillige oder einen Freiwilligen suchen. Mir war auch vor meinem FSJ schon klar, dass ich Musik auf Lehramt studieren möchte und dass ich viel für die Aufnahmeprüfung üben muss. Ich habe dann das FSJ als Übergangsjahr genutzt, um mir Klavierunterricht finanzieren zu können und mich auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten. Mir war halt vorher schon klar, was ich machen wollte, aber es hat mir trotzdem geholfen, weil ich als zukünftige Lehrerin etwas Pädagogisches machen werde und so konnte ich Erfahrung sammeln und Einblicke bekommen.
Würdest Du einen Freiwilligendienst weiterempfehlen und warum?
Lea R.: Ich kann es auf jeden Fall weiterempfehlen. Zum einen sieht es auch im Lebenslauf gut aus. Zum anderen lernt man viel über sich selbst und man lernt generell viel dazu. Und selbst wenn es einem überhaupt nicht gefällt, dann kann man immer noch sagen „Ich habe dazu gelernt.“ Das ist auch schon viel Wert.