25 Forderungen an die künftige Hessische Landesregierung

Liga Hessen präsentiert die Themen Wohnungslosigkeit überwinden, Migrations- und Fluchtberatung ausbauen sowie Internetzugang auch für sozial Benachteiligte anbieten für die Koalitionsverhandlungen im Hessischen Landtag

Mit dem Armutspapier hat die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. bereits vor der Landtagswahl eine ihrer Hauptforderungen an die künftige Hessische Landesregierung formuliert. „Für die Koalitionsverhandlungen möchten wir den Abgeordneten und der Öffentlichkeit weitere Forderungen vorstellen, die den sozialen Zusammenhalt in Hessen stärken sollen“, sagte Liga-Vorstandsvorsitzender Nils Möller.  

Im Rahmen einer Pressekonferenz im Hessischen Landtag in Wiesbaden hat die Liga Hessen ihre 25 Forderungen an die künftige neue Hessische Landesregierung vorgestellt. Ziel ist es, die Koalitionsverhandlungen mit konkreten Aussagen und Lösungsansätzen zu begleiten. Die 25 Forderungen sind nach Auffassung der Liga Hessen für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben in unserer Gesellschaft wichtig und notwendig.   

Drei dieser Forderungen stellten die Liga-Vertreter bei der Pressekonferenz am Montag im Hessischen Landtag in Wiesbaden etwas genauer vor. „Nicht, weil sie Priorität haben – das haben alle 25 Forderungen – sondern, weil wir glauben, dass es wichtig ist, beispielhaft zu erläutern, wie wir unsere Arbeit als Stimme für die sozial Schwachen wahrnehmen“, betonte Möller.

Frau Dr. Yasmin Alinaghi und Thomas Domnick, die beiden Stellvertreter in der Liga, und der Vorstandsvorsitzender stellten die Forderungen zu den Themen Wohnungslosigkeit, Förderung der Migrations- und Flüchtlingsberatung sowie sozial benachteiligten Menschen freien Zugang zum Internet ermöglichen, vor. 

Sipan Ayub berichtete auf der Pressekonferenz von seinen Erfahrungen zum Thema Migration und Flucht. Er spricht neben englisch kurdisch, arabisch auch deutsch und engagiert sich unter anderem als ehrenamtlicher Integrationslotse beim Caritasverband Offenbach. Er kam 2015 aus Syrien nach Deutschland. Der Familienvater erwartet im Februar sein zweites Kind und hat am 1. Oktober in Offenbach eine Ausbildung zum Medizinisch-Technischen Radiologie Assistenten begonnen. Immer donnerstags hilft der 30jährige beim Caritasverband anderen geflüchteten Menschen, sich hier zurecht zu finden.   

„Die Beratungssituation ist immer noch sehr schlecht“, sagt Sipan Ayub. Es kämmen zwar mittlerweile deutlich weniger Geflüchtete als noch zu seiner Zeit, „aber dafür ist für etwa 100 geflüchtete Menschen gerade mal ein Sozialarbeiter da“, berichtet er. Am Anfang bräuchten geflüchtete Menschen besonders viel Unterstützung.

„Unabhängige Flüchtlingsberatungsstellen in den Kommunen sind dringend notwendig“, sagt Nils Möller. 

Die Liga Hessen fordert zudem eine unabhängige Asylverfahrensberatung in den Erstaufnahmeeinrichtungen, zu deren Einrichtung sich die Regierungskoalition – in Kooperation mit den Bundesländern – verpflichtet hat.  

Für die Liga Hessen ist eines der wichtigsten, sozialpolitischen Herausforderungen der Gegenwart, bezahlbare Wohnungen für alle Menschen zu schaffen. In Hessen sind es dieses Jahr 60.000 bis 80.000 Wohnungen, die fehlen. Und dieses Defizit wird sich weiter erhöhen. Schätzungen gehen davon aus, dass bis 2040 rund 500.000 Wohnungen in Hessen gebaut werden müssen. Parallel dazu ist der soziale Wohnungsbau ab- statt aufgebaut worden. Der Bestand der Sozialwohnungen hat sich in den vergangenen 20 Jahren sogar halbiert und liegt bei 93.000. In diesem Zusammenhang möchte die Liga darauf aufmerksam machen, dass barrierefreier Wohnraum im Quartier für Menschen mit Behinderungen rar ist. Zusätzlich haben sich durch den demokratischen Wandel die Familienstrukturen und Lebensentwürfe geändert. Die Angebote der Altenhilfe müssen sich auf die veränderten Lebensgewohnheiten vieler Menschen und damit auf neue Wohnformen einstellen.   Die Liga fordert deshalb von der künftigen Landesregierung ein Aktionsprogramm „Wohnungslosigkeit überwinden“ mit einer Laufzeit von vier Jahren und einem Umfang von 17 Millionen Euro. Dazu gehört etwa die Einführung einer landesweiten integrierten Wohnungsnotfallstatistik.  Die Liga fordert die Landesregierung dazu auf, die Kommunen zu unterstützen und Geld für den Rück- und Umbau von Gebäuden in barrierefreie Wohnungen für Menschen mit Behinderungen zu fördern. Die Liga fordert, mit einem intelligenten Personalmix neue Wohnformen für ältere, pflegebedürftige Menschen zu schaffen. Dabei braucht es kleinere Wohn- und Pflegeeinheiten, die finanziell und baulich leicht umzusetzen sind.    

Das Thema Digitale Teilhabe ist eine ebenso wichtige elementare Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Daher hält die Liga Hessen es für notwendig, den Zugang zum Internet für alle Menschen möglich zu machen. Menschen mit geringem Einkommen oder solche die Sozialleistungen beziehen genauso wie Menschen mit Sprach- oder Vermittlungshemmnissen, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen.  

Die Liga fordert, dass die Hessische Landesregierung die Wohlfahrtsverbände bei der sozialen Gestaltung der Digitalisierung beteiligt und fördert. Denn bei der 2016 gestarteten „Strategie Digitales Hessen“ des Wirtschaftsministeriums wurden die Wohlfahrtsverbände nicht in den Diskussionsprozess einbezogen. Die Sozialverbände und ihre Einrichtungen müssen von der neuen Landesregierung auch darin unterstützt werden, ausreichende Leitungskapazitäten, also Bandbreiten, aufbauen zu können.

„Mit unseren insgesamt 25 Forderungen weisen wir auf drängende, soziale Probleme hin, mit denen nicht nur in Armut lebende Menschen konfrontiert sind. Es ist jetzt wichtig, dass sich die politischen Akteure in ihren Koalitionsverhandlungen dieser Themen annehmen, damit wir den Betroffenen in Hessen schnell und nachhaltig helfen können“, betont Liga-Vorsitzender Nils Möller. 

Die 25 Forderungen decken alle gesellschaftlichen Bereiche ab. Die Liga formuliert ganz konkrete Forderungen, die sich auf Armut und soziale Integration, Migration und Flucht, Gesundheit und Pflege, Menschen mit Behinderungen, Jugend- und Familie sowie Arbeitsmarkt beziehen. 

Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen e. V. ist der Zusammenschluss der sechs hessischen Wohlfahrtsverbände. Sie vertritt die Interessen der hilfebedürftigen und benachteiligten Menschen gegenüber der Politik ebenso, wie die Interessen ihrer Mitgliedsverbände. Mit ca. 7.300 Einrichtungen und Diensten sind die Mitgliedsverbände ein bedeutender Faktor für die Menschen, für eine soziale Infrastruktur und für die Wirtschaft in Hessen. Nah an den Menschen und ihren Bedürfnissen wissen die rund 113.000 beruflich Beschäftigten und rund 160.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Pflegeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Werkstätten, Tagesstätten, Bildungsstätten, Beratungsstellen, in den Frühförderstellen, ambulanten Diensten und anderen Einrichtungen um die sozialen Belange und die realen Rahmenbedingungen in Hessen. Diese Kenntnisse bringt die Liga in die politischen Gespräche auf Landesebene und mit Verhandlungspartnern und Kostenträgern ein.

 

Das Forderungspapier der Liga Hessen zum Download